Mein Buch ist geschrieben und auf dem Markt. Jetzt kommt der nächste Schritt: Den Menschen auf dieser Welt mitzuteilen, dass es dieses Buch gibt. Es wäre doch schade, wenn mein neues Buch in den Buchhandlungen verstaubt, weil niemand von seiner Existenz erfahren hat. Das Buch ist gut gelungen und ich habe darin eine Menge interessanter Dinge zu erzählen. Ich weiß, es schickt sich nicht, sich selbst zu loben – ich tue es trotzdem. Wer hat diesen Schwachsinn mit dem „Eigenlob, das nicht gut riecht“ überhaupt in die Welt gesetzt? Alle meine Bücher haben Aufmerksamkeit verdient, und es steckt eine Menge harter Arbeit und Herzblut drinnen, warum soll ich also nicht stolz auf sie sein? Es fühlt sich gut an, etwas zu kreieren, um es dann der Welt zu präsentieren. Wir alle sind Schöpfer von schönen Dingen, ob es jetzt ein köstlicher Apfelkuchen, ein großartiges Foto, ein gepflegter Garten, eine handgefertigte Skulptur, eine selbstgeschneiderte Bluse, ein stilvoll dekoriertes Zimmer oder eben ein Buch ist. Damit drücken wir uns selbst aus und bringen Freude und Farbe in das Leben von anderen Menschen. Wir alle haben das Recht uns zu loben, das möchte ich einmal ganz klipp und klar gesagt haben 😊!
Mit meinem Buch im Gepäck geht es nun ab ins Fernsehstudio, wo ich über dessen Inhalt in der Morgensendung sprechen werde. Da passt es perfekt, dass Aschermittwoch ist, denn gerade an diesem Tag sind noch mehr Zuseher sensibilisiert, wenn es um das Thema „Fasten“ geht. Ich bin bereit, mich vor der Kamera zu präsentieren, um mich und mein Buch ins Licht zu stellen. Etwas nervös bin ich schon, geht es doch beim Fernsehen nicht nur um das, was eine Person zu sagen hat, sondern auch um das Aussehen. Es ist daher klar, dass ich meinen Auftritt im Vorfeld überdenke, damit es zu keinem blöden Hoppala kommt. Ich brauche weder ein verrutschtes oder zu kurzes Kleid noch einen zu tiefen Ausschnitt und wähle eine dezent-zurückhaltende Garderobe aus: schwarze Hose, schwarze Stiefel, ein schwarzes Top und eine rostfarbene Strickjacke. Dazu nehme ich die Halskette meiner Freundin Marianne als Glücksbringer für meinen Auftritt. Es ist wichtig, dass ich mich wohl fühle. Nur dann kann ich mich darauf konzentrieren was ich sage, wenn die Kameras auf mich gerichtet sind.
Vorher jedoch geht es in die Maske. Mit Pinsel und Farbe wird mein Gesicht von der Visagistin fernsehtauglich geschminkt, zum Schluss kommt noch etwas Glanzspray auf meine Haare. Ich bin bereit für meinen Auftritt. Die Moderatorin – ein bekanntes TV-Gesicht - ist unglaublich sympathisch und äußerst professionell. Sie stellt interessierte Fragen und macht es mir leicht, die Kameras zu vergessen. Ich gebe mein Bestes, nachher weiß ich jedoch gar nicht mehr so richtig, was ich gesagt habe, so sehr war ich auf den Moment fokussiert. Zwischen meinen drei Auftritten in der Sendung gebe ich noch ein Interview für das Radio. Nach knapp vier Stunden ist der ganze Spuk vorbei und ich befinde mich wieder im Taxi auf dem Weg zum Bahnhof. Im Sender, den der Taxifahrer hört, wird just mein Interview, das ich vorher gegeben habe, übertragen. „Das bin ja ich“ rufe ich überrascht aus, und schmunzelnd lauschen wir beide dem Bericht.
Auf der Heimreise im Zug überkommt mich die Müdigkeit. Kein Wunder, ich bin um 4:30 h aufgestanden, das ist auch für einen Morgenmenschen wie mich etwas früh. Erschöpft komme ich am Nachmittag nach Hause, innerlich noch ganz erfüllt vom ereignisreichen Tag in der Welt des Fernsehens. Meine Hündin Julie wartet schon ungeduldig auf mich, sie drängt auf ihren Spaziergang. Ihr ist es egal, dass ich im Fernsehen war und von meinem Auftritt noch schön geschminkt bin. Alles was sie interessiert sind die Leckerlis in meiner Jackentasche. Ich schaue bei meinen Eltern vorbei, natürlich haben sie die Sendung geschaut. „Du hast ganz anders ausgesehen“ sagt meine Mutter. Damit ist das Thema auch schon wieder vom Tisch. Meine Schwester Simone und meine Nichte Emily kommen vorbei. Es wird über den geplanten Umbau des Hauses gesprochen. Ich helfe Emily bei der Mathematik Hausübung, doch Gleichungen waren noch nie meine Stärke. Irgendwie schaffen wir es trotzdem.
Mein Fernsehauftritt ist schon wieder in weiter Ferne, ich bin zurück in meinem Alltag gelandet. Am Abend schminke ich etwas wehmütig mein Gesicht ab. Mein TV-Auftritt war eine spannende und interessante Abwechslung, und so anders als mein normales Leben. Es hat Spaß gemacht, in diese andere Welt einzutauchen. Das wichtigste war, dass ich den Mut hatte mich ins Licht zu stellen, um für mein Buch bei hoffentlich vielen Zuschauern das Interesse zu wecken. Im Bett denke ich noch einmal an die Erlebnisse der letzten Tage und schlafe zufrieden ein.
Um uns ins Licht zu stellen brauchen wir eigentlich keine Kamera. Jeder kann seinen Alltag mit mehr Glitzer anreichern und auf seine ganz spezielle Art und Weise seine Gaben und Talente der Welt zeigen. Ich wage sogar zu behaupten, dass wir uns nicht nur zeigen „dürfen“, wir haben sogar die Pflicht uns hinzustellen, um unsere Geschenke den Mitmenschen darzubieten. Hören wir also auf uns kleinzuhalten und uns zu verstecken! Gerade jetzt braucht die Welt dringender denn je unser Licht, um damit mitfühlender, liebevoller, reicher, schöner und strahlender zu werden!!!